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Lieber SIEzen statt DUzen: Definition & Bedeutung im deutschen Rechtsrahmen (07.07.2025)

Das "Duzen" bezieht sich auf die Verwendung der persönlicheren Anredeform "du" statt der förmlichen Anrede "Sie" im deutschen Sprachgebrauch. Es kann Auswirkungen auf zivilrechtliche und arbeitsrechtliche Beziehungen haben und ist in bestimmten Kontexten rechtlich relevant.

Rechtliche Rahmenbedingungen für das Duzen

Grundsätzlich gehört die Entscheidung, ob man jemanden duzt oder siezt, zur grundgesetzlich geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG). Jeder Bürger kann somit selbst entscheiden, in welcher Form er jemanden anspricht. Allerdings gibt es rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten, die sich aus verschiedenen Rechtsbereichen ergeben:

Arbeitsrecht: Im Arbeitsverhältnis spielt das Duzen eine wichtige Rolle, da das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber von Respekt und Hierarchie geprägt ist. Grundsätzlich gilt hier das "Sie" als angemessene Anrede. Abweichungen können durch Betriebskultur, Branchenstandards oder ausdrückliche Regelungen im Arbeitsvertrag bestehen.

Zivilrecht: Auch im zivilrechtlichen Bereich existieren Regelungen zur Anrede. Beleidigende oder herabwürdigende Äußerungen, die durch das Duzen erfolgen, können eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB) oder eine Beleidigung (§ 185 StGB) darstellen. Zudem kann ein unverlangtes Duzen eine Ordnungswidrigkeit (§ 118 OWiG) nach sich ziehen.

Anwendungsgebiete des Duzens

Es gibt unterschiedliche Situationen, in denen das Duzen auftritt und rechtlich relevant sein kann:

  • Familien- und Freundeskreis: In privatem und familiärem Umfeld ist das Duzen üblich und grundsätzlich unproblematisch.
  • Arbeitsplatz: Wie bereits erwähnt, ist das Duzen im Arbeitsverhältnis nur dann zulässig, wenn es aufgrund von Betriebskultur, Branchenstandards oder ausdrücklichen Regelungen im Arbeitsvertrag erlaubt ist. Andernfalls kann es zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.
  • Geschäftliche Kontakte: In vielen Unternehmen und bei Geschäfts- oder Vertragspartnern gilt das "Sie" als angemessene Anrede. Eine Ausnahme könnte hier der branchenübliche Umgang sein, der das Duzen toleriert oder sogar vorschreibt.
  • Online-Kommunikation: In sozialen Medien und Online-Foren ist das Duzen häufig üblich, da die Kommunikation informeller ist. Allerdings können auch hier die allgemeinen rechtlichen Vorgaben, insbesondere das Persönlichkeitsrecht, gelten.


Einschlägige Gesetze und Rechtsprechung zum Duzen

Wie bereits erwähnt, können verschiedene Gesetze und Paragraphen im Zusammenhang mit dem Duzen relevant sein:

§ 823 Abs. 1 BGB: Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch unzulässiges oder beleidigendes Duzen kann zu Schadensersatzansprüchen führen.

§ 185 StGB: Beleidigung ist strafbar und kann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Hier kommt es darauf an, ob das Duzen als herabwürdigend oder ehrverletzend empfunden wird.

§ 118 OWiG: Unverlangtes Duzen kann als Belästigung der Allgemeinheit eingestuft und mit einer Geldbuße geahndet werden.

In der Rechtsprechung gibt es einige Urteile, die sich mit dem Thema Duzen beschäftigt haben:

  • LAG Hamm: Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in einem Fall entschieden, dass das Duzen zwischen Kollegen nicht ohne weiteres eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigt (Urteil vom 12.02.2009, Az. 18 TaBV 23/08).
  • Arbeitsgericht Hamburg: Ein Chef durfte einem Mitarbeiter kündigen, der ihn wiederholt trotz Aufforderung weiterhin duzte (Urteil vom 09.08.2017, Az. 12 Ca 106/17).


Beispiel für einen Rechtsstreit um das Duzen

Ein bekanntes Beispiel für einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit dem Duzen ist der Fall eines Regionaldirektors bei einer Bank. Der Regionaldirektor hatte einen ihm unterstellten Mitarbeiter mehrfach aufgefordert, ihn nicht zu duzen. Der Mitarbeiter missachtete diese Aufforderung und duzte seinen Vorgesetzten weiterhin. Daraufhin kündigte das Unternehmen dem Mitarbeiter fristlos. Das Arbeitsgericht Hamburg bestätigte, dass das wiederholte Duzen trotz Aufforderung eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstellt und eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (Urteil vom 09.08.2017, Az. 12 Ca 106/17).

FAQ rund um das Duzen im rechtlichen Kontext

1. Ist es erlaubt, Personen ungefragt zu duzen?

Grundsätzlich ist das Duzen eine Frage der persönlichen Höflichkeit und des guten Benehmens. Es gibt jedoch keine spezielle gesetzliche Regelung, welche das Duzen grundsätzlich verbietet oder erlaubt. Es ist üblich und gesellschaftlich anerkannt, dass Erwachsene einander zunächst mit Sie ansprechen. Situationen, in denen das Duzen als angemessen und üblich angesehen wird, sind meist innerhalb eines freundschaftlichen oder familiären Rahmens oder innerhalb bestimmter Subkulturen und Arbeitsumgebungen. Das Duzen sollte in diesen Fällen jedoch aufgrund einer konkreten Beziehung oder einer gemeinsamen Vereinbarung erfolgen.

2. Kann die Verwendung des "Du" gegenüber einer fremden Person als Beleidigung gelten?

Im deutschen Recht gibt es den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB). Dabei wird die Ehre einer anderen Person durch vorsätzliche oder nachteilige Behauptungen oder Bewertungen verletzt. Ein bloßes Duzen ohne Bezug zu einer Beleidigung stellt für sich genommen jedoch keinen Straftatbestand dar. Es ist jedoch möglich, dass das Duzen durch Hinzufügen beleidigender Äußerungen oder Gesten als Teil einer Beleidigung angesehen wird. In diesem Fall muss die Gesamtsituation betrachtet werden, um eine strafrechtliche Relevanz zu beurteilen, und der tatsächliche Kontext des Duzens ist entscheidend.

3. Sind Arbeitgeber oder Vorgesetzte dazu berechtigt, Mitarbeiter ungefragt zu duzen?

Innerhalb eines Arbeitsverhältnisses gibt es spezielle Regelungen und Normen, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern eingehalten werden müssen. Es gibt jedoch keine spezifischen gesetzlichen Regelungen für den Umgang mit Anredeformen wie das Duzen. Es gilt der Grundsatz der Weisungsgebundenheit gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO), wonach Arbeitnehmer den Anweisungen des Arbeitgebers oder Vorgesetzten folgen müssen. Die Anredeform fällt jedoch nicht zwingend in diesen Bereich. Im Falle des Duzens sollte das Einverständnis beider Parteien eingeholt werden, ansonsten kann dies einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz). Der Arbeitgeber muss also grundsätzlich die Zustimmung des Arbeitnehmers einholen, bevor er ihn duzt.

4. Wie sollte man sich verhalten, wenn man sich durch das Duzen belästigt oder diskriminiert fühlt?

Wenn eine Person sich durch das Duzen belästigt oder diskriminiert fühlt, sollte sie in der jeweiligen Situation zunächst ruhig und besonnen reagieren. Eine Aufforderung, auf das Sie zurückzugreifen, ist eine angemessene erste Reaktion. Falls dies nicht hilft, sollte die betroffene Person um ein klärendes Gespräch bitten, um die Unannehmlichkeit zu thematisieren. Im Arbeitsumfeld ist die Ansprache des Vorgesetzten oder der Personalabteilung eine mögliche Option. In diesem Zusammenhang kann eine Benachteiligung aufgrund von Anredeformen ggf. als Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gelten. Die Person sollte jedoch auch eigenverantwortlich überprüfen, ob das Duzen tatsächlich als diskriminierend oder belästigend betrachtet werden kann und ob sie selbst eventuell zu sensibel auf die Anredeform reagiert.

5. Welche rechtlichen Schritte können bei fortgesetztem, unerwünschtem Duzen unternommen werden?

Wenn eine Person wiederholt und ungefragt von einer anderen Person geduzt wird, obwohl sie bereits ausdrücklich darum gebeten hat, dies zu unterlassen, kann dies als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstanden werden. Potenzielle rechtliche Schritte sind die Abmahnung, die Unterlassungserklärung oder sogar eine Unterlassungsklage beim zuständigen Gericht. Die Auswahl der angemessenen Reaktion hängt letztlich von den Umständen und der Schwere der Verletzung des Persönlichkeitsrechts ab. Generell sollten jedoch zunächst außergerichtliche Lösungen angestrebt und rechtliche Schritte als letztes Mittel betrachtet werden.

6. Gibt es Unterschiede beim Duzen von Minderjährigen und Erwachsenen?

In der Regel werden im Umgang mit Minderjährigen informellere Anredeformen wie das Duzen verwendet. Dies spiegelt die soziale Hierarchie und den Respekt gegenüber älteren Menschen wider.

Im rechtlichen Kontext können Minderjährige im Zivilrecht und Strafrecht unterschiedlich behandelt werden, doch das Duzen an sich ist nicht per se ein rechtliches Problem. Jedoch ist es für Erwachsene ratsam, generell einen respektvollen Umgang mit Minderjährigen zu wahren, um möglicherweise auch hier Angriffsfläche für Vorwürfe der Beleidigung oder Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu vermeiden.

(Quelle: www.juraforum.de)

Kategorie: Human Resources