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Rentner wehren sich gegen zu geringe Anpassung Ihrer Betriebsrente (07.11.2019)

Rentner wehren sich gegen zu geringe Anpassung Ihrer Betriebsrente

Die gesetzliche Rente wird regelmäßig angepasst, zuletzt wurde eine Rentenerhöhung zum 01.07.2019 um 3,18 % (West) bzw. um 3,91 % (Ost) beschlossen. Grundlage hierfür ist die Lohnentwicklung und die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten, auf der die Einnahmensituation der gesetzlichen Rentenversicherung beruht.

Wie aber sieht es bei der Betriebsrente aus?

Nach § 16 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle 3 Jahre eine Anpassung der laufenden Renten zu prüfen und nach „billigem Ermessen“, d. h. unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien, zu entscheiden. Die Anpassung darf nicht geringer sein als der Anstieg des Verbraucherpreisindexes oder der Nettolöhne vergleichbarer Arbeitnehmergruppen. Sowohl die eine als auch die andere Bezugsgröße birgt Haftungsrisiken, da beispielsweise der Verbraucherpreisindex nur alle 5 Jahr veröffentlicht wird, der Anpassungszeitraum aber 3 Jahre beträgt. Der Begriff „vergleichbare Arbeitnehmergruppen“ ist nicht eindeutig und daher „dehnbar“. Auch „billiges Ermessen“ lässt Handlungsspielraum zu und muss einer gerichtlichen Nachprüfung standhalten können.

Zur Vereinfachung der komplizierten Anpassungsprüfung sieht das Betriebsrentengesetz Ausnahmen für Zusagen ab dem 01.01.1999 vor. Bei (beitragsorientierten) Leistungszusagen entfällt die Prüfung immer dann, wenn dem Arbeitnehmer eine jährliche Steigerung der laufenden Rente um wenigsten 1 % zugesagt wird oder bei Durchführung über eine Direktversicherung / Pensionskasse ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistung verwendet werden. Soweit die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung finanziert wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet laufende Leistungen um wenigstens 1 % anzupassen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Entgeltumwandlungszusagen, die über eine Direktversicherung oder Pensionskasse mit entsprechender Überschussverwendung finanziert werden.

Sowohl die Durchführung der Anpassungsprüfung als auch die Umsetzung der Ausnahmeregelungen erfordern den Sachverstand von Spezialisten. Welche Versicherungstarife und Überschussverwendungssysteme erfüllen die Voraussetzungen für das Entfallen der Anpassungsprüfung?

Die sich in den letzten Jahren häufende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Anpassung von Betriebsrenten (z.B. BAG-Urteile vom 28.05.2013, 18.03.2014, 15.04.2014, 21.10.2014, 08.12.2015) zeigt, dass sich immer mehr Betriebsrentner wehren und Recht bekommen!

Die Liste der vom Bundesverband „Betriebsrentner Deutschland e.V.“ zusammengestellten Streitfälle ist lang. Mehr als 900 Betriebsrentner eines großen Konzerns in Deutschland klagen seit 2015 unterlassene Rentenanpassungen ein. Allein in Hamburg haben sich rund 250 Ehemalige zusammengeschlossen. Zehn Fälle wurden bereits vor dem BAG rechtskräftig entschieden: Seit Januar 2019 bekommen diese Rentner mehr Geld von Ihrem ehemaligen Arbeitgeber! Es wird bereits die Zulassung von „Massenverfahren“ diskutiert, da derzeit jeder Rentner selber sein Recht erkämpfen muss.

Bedeutung für die Praxis:

Fast 20 % der Rentnerhaushalte sind derzeit von Altersarmut betroffen, Tendenz steigend. Die Bedeutung der Betriebsrente nimmt deshalb immer weiter zu. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz müssen die Unternehmen seit 2019 Pflichtzuschüsse zahlen. Die bAV-Beratung wird immer komplexer und braucht mehr Spezialisten.

Um das Nachfinanzierungsrisiko für die Unternehmen zu vermeiden, empfehlen wir die Auswahl von Versicherungstarifen, die eine garantierte Rentensteigerung von wenigstens 1 % beinhalten bzw. bei Direktversicherungen und Pensionskassen die geforderte Überschussverwendung vorsehen. Bestehende Zusagen sollten diesbezüglich überprüft und das Überschussverwendungssystem des Versicherungstarifes ggf. angepasst werden.

Fragen hierzu: Unser Netzwerk Fachkräfte Spezialist Anton Wittmann und sein Team stehen Ihnen gerne jederzeit für Fragen unter Tel. 09853 / 385 5952 oder 0981 / 9721 20 zur Verfügung!