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Industrie- und Gewerbebauten richtig realisieren (17.01.2017)

Der richtige Standort ist entscheidend bei den Fachkräften – viele Auflagen zu beachten

Die Zinsen befinden sich weiterhin im Keller: Schlecht für Sparer, gut für Bauherren. Viele neue Industrie- und Gewerbebauten sind in den vergangenen Jahren entstanden. Doch worauf kommt es bei einem Neubau an und wie wichtig ist der Standort? Und was ist bei der energetischen Sanierung zu beachten? Darüber diskutierten auf der Business Lounge im Oktober Politiker, Experten aus der Praxis und Unternehmen, die vor kurzem ihre Flächen erweitert haben. Wie TE Connectivity in Dinkelsbühl. Das führende Unternehmen in den Bereichen Verbindungstechnologie und Sensorlösungen hat in diesem Jahr sein mittelfränkisches Produktionswerk vergrößert.

Der Standort verfügt über moderne Hochgeschwindigkeitsanlagen zur Galvanisierung – die Kapazität stieg um 50 Prozent. In Dinkelsbühl fertigt das Unternehmen Produkte und Komponenten für die Automobilindustrie – hauptsächlich Kunststoffsteckverbinder, Sensorgehäuse und beschichtete Kontakte. „Die Wahl zum Ausbau fiel auf Dinkelsbühl wegen der Fachkompetenz und der guten Ausbildung vor Ort“, erklärte Werkleiter Hermann Regele. „Wir haben fast null Prozent Fluktuation, das ist der Vorteil der ländlichen Region.“ Bedenklich findet er hingegen die übertriebenen Auflagen wie beispielsweise Brandschutz in den Toiletten. Auch Karl-Heinz Beckers, Geschäftsführer von der BBT Automotive Components GmbH in Weihenzell (Landkreis Ansbach), schwärmte von den Arbeitnehmern im ländlichen Raum. „Diese Bindung ans Unternehmen bekommt man in einer Stadt nicht hin“, stellte er fest. Das Unternehmen, das Zubehörteile für die Automobilindustrie in Deutschland fertigt und weltweit vertreibt, hat in Weihenzell die bisherigen Standorte des Unternehmens mit Verwaltung, Produktion und Lager an einem vereinigt. Ein Biogas-Bauer, der in Sichtweite liegt, versorgt die ganze Anlage in Weihenzell mit Energie. In einer größeren Stadt undenkbar. Und der Standort hat einen klaren Vorteil: „Im Landkreis Ansbach finden wir einfach viel leichter geeignetes Personal“, so der Firmengründer. Der Neubau ist auch ein Fingerzeig in Richtung Zukunft: „Denn die Fundamente sind so gezogen, dass sie jederzeit erweitert werden können“, sagte Karl-Heinz Beckers. BBT Automotive Components produziert Zündkabelsätze, Zündkerzenstecker, Sensoren und Zündspulen für Verbrennungsmotoren. Neben einer großen Auswahl an Produkten im Bereich Zündung führt das Unternehmen ein umfangreiches Sortiment an Sensoren des Motormanagements und anderen elektrischen Zubehörteilen.

Gewerbebau hat sich verändert
Aus der Praxis berichtete Rudolf Blank, Geschäftsführer von Dauberschmidt Hoch- und Tiefbau GmbH in Dinkelsbühl, über ein aktuelles Bauvorhaben in Aalen: Hier plant ein Unternehmen eine Erweiterung – die neue Maschine ist schon bestellt. Das Problem: Welche Hülle baut man drum herum? Der Gewerbebau hat sich stark verändert, so lautete auch das Fazit von Georg Habelt von Habelt Immobilien in Dinkelsbühl. „Früher hat man vier Wände zusammengesetzt und – wenn es irgendwie ging – für die Ewigkeit gebaut“, stellte der Unternehmer fest. „Heute entstehen neue Gebäude in Leichtbauweise, bei denen auch die Ökologie eine Rolle spielen muss.“ Auch die Baunebenkosten haben sich laut Habelt ebenso wie die Auflagen um ein Vielfaches erhöht. Er berichtete von einem Altbau in Gunzenhausen (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen); daran plant das Unternehmen einen Neubau zu setzen. Ein Café für Männer, die sich die Zeit vertreiben, während die Frauen in aller Ruhe auf Shoppingtour gehen können. „Nun brauchen wir ein Emissionsgutachten für das Vorhaben“, zeigt sich Georg Habelt verwundert. „Aber wir spüren, dass die Genehmigungsbehörde sehr entgegenkommend und sehr bemüht ist. Denn hier ist jemand, der Geld investieren will.“

Diplom-Architekt Michael Büchler aus Schnelldorf/Unterampfrach hat sich auf energetisches Bauen spezialisiert. Er empfahl den Besuchern der Business Lounge beim Thema Altbau ganz genau hinzuschauen. „Dank der KfW-Förderung lohnt sich das energetisches Sanieren eines Altbaus definitiv“, so der Architekt. Und: „Energetisches Sanieren ist gut für das Gebäude, aber auch für die Mitarbeiter“, stellte Michael Büchler fest.

Kurze Entscheidungswege
Dr. Jürgen Ludwig (CSU), Landrat des Landkreises Ansbach, sprach von einer starken Entwicklung innerhalb des Landkreises, weil die Bevölkerungszahlen wieder nach oben gehen und auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsplätze mit 57.000 so hoch wie noch nie ist. Alleine 600 Kilometer Straßen führen durch den Landkreis Ansbach. „Unternehmer haben Vertrauen in den Standort“, sagte Ludwig. Wichtig seien die Infrastruktur, der Breitband-Ausbau, die Gesundheitsversorgung vor Ort und Bildung. „Wir brauchen eine positive Wahrnehmung der Region“, so Ludwig. Georg Habelt ergänzte, dass es für die Stadt enorm wichtig wäre, die Bahnlinie zu reaktivieren. Dinkelsbühls Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer (CSU), erklärte, dass er sich vor ein paar Jahren nur deswegen um das Amt des Oberbürgermeisters beworben habe, weil bei einer großen Kreisstadt die Baugenehmigungsbehörde in seinen Bereich falle. „Das ist entscheidend für die Entwicklung einer Stadt“, stellte der Rathauschef fest. Und er lobte die „kurzen Entscheidungswege“ in einer ländlichen Region. Aber der Politiker stellte auch klar: „Das hat nichts mit Gemauschel zu tun.“ Landrat Jürgen Ludwig sagte, dass die Engpassstelle oft die Planer eines Projekts seien, die wichtige Informationen nicht an Unternehmer und Entscheider weitergeben würden – oftmals komme es dadurch zu einer Zeitverzögerung, weil noch nicht alle Unterlagen komplett seien. Jürgen Ludwigs Tipp: „Sprechen Sie einfach mit den Verantwortlichen vor Ort.“