img Zurück zur Übersicht

Erste Pensionskasse senkt Garantiezins – Gerichte verurteilen Arbeitgeber zu Ausgleichszahlungen (14.09.2016)

Pensionskassen sind nicht in der Pflicht, diese sehen die Gerichte bei den Arbeitgebern

Ein aktueller Fall hat viele Arbeitgeber, die ihre Altersversorgung über eine Pensionskasse (PK) finanzieren, aufgeschreckt: Die Neue Leben Pensionskasse (NLP) hat als eine der Ersten zum 1. Juli 2016 ihren Garantiezins von 3,25 Prozent auf 1,25 Prozent gesenkt. Für rund 80.000 Arbeitnehmer in Deutschland hat das dramatische Folgen – ihre Betriebsrente könnte dadurch rund 16 Prozent niedriger ausfallen. Schon ein Jahr zuvor, am 10. Februar 2015, verurteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) einen Unternehmer nachdem eine PK die Leistung kürzte, die Differenz aus eigener Tasche zu zahlen.

In diesem Fall geriet nicht der Arbeitgeber, sondern die PK in wirtschaftliche Schieflage. Diese kam durch Aktienverluste und den Rückgang des Zinsumfeldes zustande. Die PK machte von ihrem satzungsmäßigen Recht Gebrauch, die Leistungen zu reduzieren. Sie informierte die betroffenen Arbeitnehmer über „die Leistungsherabsetzung gem. §22 Abs.4 der Satzung“ (siehe RZ 7). Die betroffenen Arbeitnehmer forderten den Ausgleich zu der nun geringeren Leistungen vom Arbeitgeber und klagten.

Die Klage
Vor Gericht stritten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber (Beklagter) verpflichtet ist, dem betroffenen Arbeitnehmer (Kläger) die von der Pensionskasse herab gesetzten Leistungen auszugleichen.

Das Urteil
Nach §1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Versorgung nicht unmittelbar über ihn erfolgt (sondern wie hier über eine PK) (siehe RZ 25). Diese Bestimmung basiert auf der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach im Betriebsrentenrecht stets zwischen der arbeitsrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers und den Durchführungswegen (Direktversicherung, Pensionskasse etc.) unterschieden wird. Der vom Arbeitgeber eingeschaltete Versorgungsträger (Direktversicherung, PK etc.) ist seiner Funktion nach nur ein (Finanzierungs-) Instrument des Arbeitgebers, um seine arbeitsrechtlichen Versorgungsverpflichtungen zu erfüllen. Wird die geschuldete Versorgung nicht durch den Versorgungsträger erbracht, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Versorgung unmittelbar aus seinem eigenen Vermögen zu verschaffen. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach §1 Abs.1 S.3 BetrAVG ist also ein verschuldensunabhängiger Erfüllungsanspruch des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers (siehe RZ 26).

„Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber sich seiner Verpflichtung nicht durch die Wahl eines Versorgungsträgers entledigen kann“, erklärt bAV-Experte Anton Wittmann. „Er hat vielmehr eine Einstandspflicht, fehlenden Leistungen selbst zu erbringen.“ (siehe RZ 26) Durch die Einstandspflicht des Arbeitgebers wird sichergestellt, dass ein versorgungsberechtigter Arbeitnehmer die Leistung erhält, die ihm im Rahmen einer bAV auch zugesagt wurde (siehe RZ 27). Eine reine Beitragszusage ist möglich, jedoch keine bAV (siehe RZ 30).

Siehe auch weiteren Artikel im Business Lounge Magazin.

www.wittmann-finanzgruppe.de