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Effizient und leise – die Wasserkraftschnecke von nebenan (16.02.2011)

Seit einiger Zeit gibt es in Deutschland die Tendenz, die Stromversorgung zu dezentralisieren – kleine Kraftwerke sind stark auf dem Vormarsch. Um auch die umweltfreundliche Wasserkraft optimal auszunutzen, sind in den letzten Jahren höchst effiziente Kompaktanlagen mit Wasserschnecken entstanden. Diese können nicht nur bei geringeren Fallhöhen noch wirtschaftlich arbeiten, sondern eignen sich aufgrund ihres geräuscharmen Arbeitens auch für eine Nahversorgung in Wohngebieten; so reduzieren sich die Verluste durch das Stromnetz. Die Firma Rehart aus Ehingen am Hesselberg ist führend bei dieser Technik.

Wasserkraft gilt als eine der bedeutendsten erneuerbaren Energien. Vor allem die so genannte „kleine Wasserkraft“ bietet noch ein riesiges Potenzial. Hierzu zählen Fallhöhen zwischen einem und acht Metern bei Wassermengen zwischen 500 l/sec bis 10.000 l/sec. Gerade die Schnecke bietet sich hier als Kraftwerksalternative an, denn sie ist nicht nur wirtschaftlich eine Alternative zu anderen Verfahren. Die Geräuschemission spielt in Siedlungen und Mühlen eine große Rolle, da die hier wohnenden und arbeitenden Menschen immer sensibler gegenüber Lärmbelastungen reagieren. Doch mit der richtigen Konstruktion kann die Wasserschnecke mühelos alle Grenzwerte unterschreiten, auch hierbei liegt das Know-how im Detail.

So sind bei einigen Wasserkraftwerken mit Schnecken schon bis zu 80 dB Schall gemessen worden, nach dem Bundes-Emissionsschutzgesetz viel zu laut. Am Fuß der Schnecke, wo das Wasser aus dem Trog strömt und sich mit dem Unterwasser vermischt, entsteht ein Großteil des Geräusches. Durch die Verwirbelung des ausströmenden Wassers mit der Umgebungsluft entsteht das Geräusch, Experten sprechen hier vom so genannten Broke-Dam-Problem. Verschärft wird die Schallproblematik zusätzlich durch einen falschen Winkel der Schneckenflügel, so dass das Schneckenblatt im extremsten Fall bei jeder Drehung auf das Wasser patscht und zusätzliche Luft verwirbelt.

Bei einer von Rehart gebauten Anlage am Rande des Englischen Gartens nahe der Isar in München wurde der Schall des Wassers durch eine patentierte Lösung reduziert. Der Wasserlauf, der vorher über mehrere Stufen einen Höhenunterschied von 3,9 Metern überwand, wird nun durch einen optimierten Trog der Wasserschnecke geleitet; der Schall reduzierte sich von 75 dB auf 67dB (Wassertriebwerk; Ausgabe 12/2010 von Dr.-Ing. Matthias Haselbauer). Damit ist der Geräuschpegel sogar deutlich leiser als ohne Wasserkraftschnecke, und in unmittelbarer Nähe der Wohngebäude werden alle Grenzwerte nach dem Bundes-Emissionsschutzgesetz deutlich unterschritten.

Bereits seit 2003 beschäftigt sich Klaus Schülein mit der Energiegewinnung durch Wasserschnecken. Seine Firma hat in den letzten Jahren die meisten Innovationen auf den Markt gebracht. Seinen Entwicklungsingenieuren ist es gelungen den Schall bei Wasserkraftwerken mit Schnecken deutlich zu verringern – allein mit dem letzten angemeldeten Patent ist es möglich die Lärmemission um bis zu 5 dB zu reduzieren; eine Verringerung um 3 dB bedeutet eine Halbierung der Schallleistung. Schüleins große Kompetenz kommt ursprünglich aus einem anderen Geschäftszweig: Der Geschäftsführer der Rehart GmbH im mittelfränkischen Ehingen arbeitet schon seit 1983 mit Transportschnecken, vor allem für die Ziegelindustrie oder zum Heben von großen Wassermassen in kurzer Zeit, etwa in Klärwerken. So war es für das Unternehmen nur ein kleiner Schritt von der „Archimedischen Schnecke“ zu einem Wasserkraftwerk. In den vielen Jahren hat er die Schnecke für die verschiedensten Bereiche optimiert in Laufeigenschaft, Effizienz oder Haltbarkeit. So gehört Schülein heute zu den führenden Experten rund um die Transportschnecke. Durch die steigende Nachfrage für kleine Wasserkraftwerke konnte er auch diese Entwicklung ständig weiter verbessert. 35 Wasserkraftanlagen wurden bereits realisiert, des Weiteren gibt es Projektstudien mit über 800 Anwendungsmöglichkeiten.

Die Wasserkraftwerke mit Schnecke unterliegen einem echten Boom. Das hat mehrere Gründe, nicht nur in der geringen Geräuschemission. So ist die Energiegewinnung mit den Wasserschnecken sehr effizient und sogar bei flachem Gefälle, sowie schwankendem Unter- und Oberwasserhöhen regelbar möglich; das Preis-Leistungsverhältnis ist durch geringe Baukosten zu herkömmlichen Turbinen deutlich günstiger, da die Anlage komplett vormontiert und innerhalb weniger Stunden in Betrieb genommen werden kann. Wasserschnecken schonen zusätzlich die Fischbestände, da die Fische durch die großen Lücken in der Schnecke einfach durchschwimmen können.

Rehart, eine mittelständische Firmengruppe mit insgesamt sechs Werken und 150 Mitarbeitern, ist spezialisiert auf den Bau und Erhalt von Förderschnecken. Zusätzlich entwickelt die Unternehmensgruppe Wasserkraftanlagen mit Schnecken, die auch spezielle Umweltschutzauflagen erfüllen. Für eigene Innovationen hat das Unternehmen europäische Patente bzw. Gebrauchsmusterschutz erhalten.